Montag, 23. Juli 2012

Das Heinz-Erhardt-Kleid

 ...oder manchmal funktioniert es halt nicht.

 
Dieses ungeliebte Kleid habe ich vor einigen Monaten genäht. Irgendwann im Februar, auf einen heißen Sommer hoffend, suchte ich mir aus diesem alten Beyer Heft aus den Fünfzigern dieses Modell heraus.




Es entstand beim gemeinschaftlichen Nähen mit meiner Schwester.
Als ich auf Stoffsuche für den Schnitt ging, sprang mir in meinem Lager dieser Streifenstoff entgegen. Es folgte eine Assoziation: Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett - Heinz Erhardt - 50er – Heft aus den 50ern => passt.


Wieso habe ich mich nicht bereits zu diesem Zeitpunkt gefragt, ob ich ernsthaft nach Heinz-Erhardt-Film ausschauen möchte?
Nein, ich habe stattdessen kopflos los genäht und als ich dann fertig war, sah ich nur Heinz Erhardt und mich mit fassungslosem Gesicht im Spiegel.
Man will sich das Hässliche, dann wenigstens funktionell reden und so versuchte ich mich selbst davon zu überzeugen, dass das Kleid doch zum Sonnen im sichtgeschützten Garten taugt. 
Sonnen?
Wovon habe ich da wieder geträumt? Selbst einem unaufmerksamen Betrachter sollten die unterschiedlichen Bräunungsstufen auf meinen Armen auffallen.


Ich fasse nun mal die größten Defizite des Kleides zusammen:

  1. Der Schnitt: Das voluminöse Gebauschel um den Busen herum gefällt mir überhaupt nicht.
  2. Die Proportionen: Irgendwie stimmt hier die Länge vom Bauschoberteil, zum Miederteil, zum Rockteil nicht. Wäre der Rock etwas länger wäre es besser, aber noch weit von gut entfernt.
  3. Der Stoff: Absolut nicht meine Farbe. Die einzelnen Farben gingen in der Mehrzahl, aber durch die engen Streifen vermischen sich die Farben in einem für mich unkleidsamen Farbbrei.
  4. Die Streifen: Nichts gegen Streifen per se, aber für Kleider meiner Meinung nach kritisch. Hier untersteichen die Streifen die Defizite des Schnittes. Ein aufregendes Muster könnte von diesen ablenken, die Streifen hingegen decken schonungslos auf.

Was passiert nun mit diesem Kleid?
Es sollen ja nun heiße Tage kommen, heute war´s immerhin schon halb wieder Sommer.
Aber spüre ich Lust überhaupt je wieder in dieses Kleid zu schlüpfen?
Selbst verborgen hinter meinen vier Mauern nicht. 
Das Kleid blockiert einen Bügel im Schrank, sollte demnächst ein neues einziehen muss es weichen.
Nach einem Zwischenlager wird es vermutlich zerlegt, der Reißverschluss wird wieder verwendet und der Stoff als Futter oder für Bastelarbeiten verwurstet.

Julia

16 Kommentare:

  1. Liebe Julia,
    wenn das Kleid sowieso total ungeliebt ist und weg muss, warum versuchst du es dann nicht mal mit färben?
    Gruß
    Mema

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  2. Manchmal hilft nur noch: Zähne hoch und den Kopf zusammenbeißen.
    [Quelle: Heinz Erhardt]

    :)

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  3. @Mema: Der Schnitt ist auch saudoof. Diese eingereihten Stoffmassen im Brustbereich behagen mir nicht. Ich kann diesem Kleid keine Chance mehr geben.

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  4. Tatsächlich dachte ich auch sofort an färben (und zwar marine oder schwarz) aber wenn du das schon ausgeschlossen hast...
    Ich kenne das, ich hab auch mal so ein Oberteil mit viel Raffungen in der Art in der Brust genäht und auch wenn man denkt, dass es dann ja auch an oberweitentechnisch weniger gut ausgestatteten Damen gut aussehen müsste (weil, der Stoff macht ja auch Volumen), war das in meinem Falle leider gar nicht so.
    Irgendwie sitzt das Gerüschte für meinen Geschmack hier auch zu hoch (bzw. die Unterbrustnaht), aber wenn es dir ohnehin nicht gefällt, brauchst du dir ja auch keine Änderungen mehr dafür überlegen. (wobei ich es trotzdem vielleicht schwarz färben würde, nein?)

    Naja - die Idee war gut. Manchmal passt es einfach nicht zu einem.

    Dafür wird jetzt immerhin das Wetter besser!

    PS: Ach, diese Nicht-bräunungsstreifen, die hab ich auch. Früher dachte ich immer, das haben nur alte Leute (Jetzt bin ich wohl eine von denen). Tröstlich, dass das andere auch haben.

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  5. Deine Analyse ist schonungslos und ehrlich, ich kann mindestens 1, 3 und 4 nachvollziehen und hab ne Ahnung, dass Du mit 2 nicht falsch liegst...
    Bei mir geht es genauso: Bügelblockade, Platz machen (manchmal noch: ins untere Fach degradiert überwintern), irgendwann dann: raus damit... So ist das...
    Aber der Sommer, der kommt!
    Melleni

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  6. ohweh, julia,
    ich hab grad dein heinz-erhardt-kleid gefunden, und mit ihm deinen bedröppelten bericht darob :(
    ich glaube, es ist nur der stoff, die sache mit dem farbenbrei. denn ich kann an den proportionen nix negatives finden, auch das gewurschtel am busen stört mich gar nicht (wäre bei mir seeehr optimal, würde vielleicht was herzaubern, was nicht ist haha). jedenfalls schaut das kleid nach 'ner menge arbeit aus, und deshalb tut's mir leid, dass es dir so gar nicht gefällt :(

    ich wünsch dir was, sei lieb gegrüßt von
    der dana :o)

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  7. Heavens, bist Du 'Heringsmaessig' schlank gebaut; Du schaust in dem Oberteil ja richtig verloren aus - sorry!
    Wobei ich aber eher noch Deine sehr schlanken Oberarme und auch die fehlende Pluster-Frisur dafuer verantwortlich mache, dass die Proportionen nicht ganz passen. Der Busenteil ist ja eigentlich ganz huebsch: man kann beides damit: viel gut/huebsch darin verpacken sowie auch 'Vortaeuschung falscher Tatsachen' spielen! ;-)
    Ist gaaaar niemand im Unkreis findbar, der sich vielleicht an diesem Kleid eher erfreuen koennte anstatt es zu 'verwurschteln'?

    Liebe Gruesse,
    Gerlinde

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  8. Ja, es wirkt seltsam zusammengestückelt, oder? Sowas hatte ich mit einem Streifenkleid mit Miederteil auch schon geschafft. Und das Gebausche ist, wie du sagst, zu viel - dieses Kleid verwandelt dich total, siehst gar nicht mehr aus wie du. Daran ist nur dieses Kleid schuld, um das noch einmal zu betonen.
    Aber vielleicht das Miederteil in etwas kürzer und all das in - hmmm, Pünktchen? Blümchen? In einer kräftigen Farbe in Uni?

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  9. Ich gebe Dir recht, an Dir sieht es komisch aus (nicht böse sein, das liegt an dem Kleid). Der Schnitt ist wahrscheinlich für die typische damalige Jahre Spitztütenbrust konzipiert. Wenn Du so unzufrieden bist, hilft wahrscheinlich nur noch Augen zu und Tonne auf. Du hast so viele atemberaubende Kleider die Dir viel besser stehen.
    Liebe Grüße
    Tina

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  10. Ach verdammt, sowas ist so ärgerlich ... aber passiert leider hin und wieder.
    Ich glaube, die Proportionen könnten einen bauschigen Petticoatrock als Gegengewicht zu dem bauschigen Oberteil brauchen, dann geht´s vielleicht. Aber das ist nicht so deins, oder? Und verkleidet sollst du dich ja in deinen eigenen Sachen nicht fühlen! Liebe Grüße, Zuzsa

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  11. Ich glaub' ja das ist ein Beispiel für ungünstige Längsstreifen, über die wir neulich schon mal gesprochen hatten. Das Mittelteil sieht mit den Längsstreifen irgendwie tonnenartig aus, und weil das die einzige Partie des Kleides ist, wo keine Falten sind und das Muster damit klar erkennbar ist, wird das Auge davon angezogen. Daher kommt wohl auch der Eindruck seltsamer Proportionen - mit einem anderen Stoff wäre das nicht. In dunkelblau, so wie frifris vorgeschlagen hat, wäre das Kleid richtig schick! Diese undefinierbare rosa-grau-wäh-Farbe, die der Stoff von weitem zeigt, trägt nämlich auch nicht gerade zu einem vorteilhaften Eindruck bei. Schade! Aber deine Analyse ist wohl zutreffend. (Der Stoff ist aber bestimmt prima für Taschenbeutel oder so geeignet).

    viele Grüße!

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  12. Ach herrje. Ich finde ja so gebauschte Mieder immer total kacke (verzeih!). Entweder sieht man damit verloren aus oder aber als hätte man einen Atombusen. Ich glaube ehrlich gesagt auch nicht, dass es in nicht-streifig besser aussähe, die komischen Proportionen würden durch dunklen Stoff einfach nur geschluckt werden.
    Es ist zwar traurig, aber ich würde es auch überwintern und dann auftrennen.
    Liebste Grüße,
    Juli

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  13. Hallo Julia,
    das kleid ist super! was ihm fehlöt ist defintiv ein petticoat.
    die shcnitte von damals waren dafür ausgelegt.
    habe mir proportionen angeschaut- ich sehe da absolut keinen fehler.
    was wohl aber bei dir zu diesem gefühl führt- ist etwass unglückliche wahl des streifenverlaufs. für 50er und 60-er waren die streifen eigentlich auch üblich. also daran liegt nicht. eventuell,wenn du midriff waagerecht laufend gemacht- hättest du vermutlich anderes gefühl.
    ich hab fast identisches kleid aus burda 1959 gemacht:
    http://www.burdastyle.com/projects/burda-dress-april-1959

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  14. Och Mönsch Julia ! Nee, is nicht Deins - sewing galaxy hat recht , mit super Petticoat und super spitzen Heels wärs richtig - ist aber weder Deins noch meins , deshalb kann ich Deine Enttäuschung gut verstehen ! Aber - Du hast sooo viele schöne andere Kleider ! Leider muss man manchmal TfTs akzeptieren ... man lernt ja auch draus . Den "Arbeitstitel " "ohne Krimi ... " fand ich toll
    Liebe Grüsse Dodo

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  15. Schade, dass du dich in dem Kleid nicht wohlfühlst - aber dann hat es ja wirklich keinen Sinn, noch etwas daran zu ändern. (Ich würde mich auch nicht drin wohlfühlen - selbst wenn ich reinpassen würde.)
    Aber Gerlindes Idee finde ich viel sympathischer als Auftrennen: Mag es vielleicht deine Schwester/Freundin/Tante? Manchmal gibt es das ja, dass jemand juchzt: Genau meins!

    Viel Glück + viele Grüße
    Petra

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  16. Wie ärgerlich, wenn man sich so viel Mühe gemacht hat und sich dann nicht wohl fühlt!!!

    ...und wenn du das Oberteil nochmal auftrennst und von der Masse etwas weg nimmst. Würde eine Längsnaht bei den Streifen auffallen?

    Liebe Trost-Grüße
    Karin

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