Achtung: Für Freunde der gepflegten Blogunterhaltung, die gerne auch in einer zauberhaften Bilderflut schwelgen, ist dieser Post nichts, denn
Meister Pfriem meldet sich zu Wort:
Was ist Dummheit? Wenn man den gleichen Fehler zweimal macht. Was ist es dann, wenn man den gleichen Fehler ein viertes Mal macht?
Nach diversen Erfahrungen, die ich schon mit „Taschen nach Wunsch“ gemacht habe, hatte ich mir eigentlich geschworen, nie wieder eine Tasche speziell nach Kundenwünschen anzufertigen. Als Mahnmal habe ich sogar eine gescheiterte Auftragsarbeit in meiner Werkstatt hängen.
Nun aber konkret: Was ist so schlimm an Auftragsarbeiten?
Es gibt Auftragsarbeiten, die gar nicht so übel sind, wenn man relativ frei bei der Ausführung ist. Das sind Aufträge wie:
- „Hier ist mein Abendkleid, nähen Sie bitte ein passendes Täschchen dazu.“
- „Hier ist ein alter Polsterstoff, bitte fertigen Sie daraus eine Handtasche.“
Schlimm sind die Aufträge, bei denen die Kundin komplett mitbestimmen will:
Aus diesem Motiv soll mit diesem Stoff, diesen Henkeln in dieser Form eine Tasche in der Größe xy entstehen.
Was ist denn daran schlimm? Das sind doch klare Ansagen, ein ganz konkreter Auftrag.
Nein, ich lege eine überhebliche Arroganz an den Tag, die ich mir erlauben kann, da ich finanziell nicht von meinem Hobby abhängig bin (und es bei meinem „Lohn“ auch gar nicht sein könnte).
Wenn ich einen Stoff oder ein Motiv sehe, weiß ich meistens gleich, welchen Schnitt, welche Farbe, welche Größe... ich verwende. Motiv oder Stoff flüstern mir das ein. Es ist zwar nicht immer so, dass ich jedes Mal von der Muse geküsst werde, aber ich habe einfach schon recht viele Taschen genäht und weiß, was zusammen harmoniert und funktioniert.
Bei diesem Auftrag sollte ich ein Stickbild in eine Tasche integrieren.
Ich lehnte ihn zunächst ab, aber die Dame, eine gute Kundin, konnte mich dann doch überreden. Sie hätte diese Stickbild von einer Freundin bekommen. Diese hat daran recht lange gestickt, aber die Kundin könne dieses Bild (verständlicherweise) aus geschmacklichen Gründen nicht in ihre Wohnung hängen, sie möchte aber dennoch die Arbeit der Freundin würdigen und bitte mich daher, daraus eine Tasche zu nähen.
So weit, so gut. Ich sah das Bild und sah gleich die Tasche, die daraus werden könnte.
Die Kundin hatte aber eine ganz andere Vision.
Kunde ist König und so musste die Tasche natürlich eine andere werden.
Was ist schlimm? Schlimm ist, dass ich keine Lust habe, etwas zu nähen, von dem ich nicht überzeugt bin. Ich schiebe das dann vor mir her, verbiete mir aber gleichzeitig was anderes zu nähen, da mir noch der Auftrag im Nacken sitzt. =Nicht-Nähfrust + Zeitverlust.
Endlich aufgerafft und mit dem Zuschneiden begonnen, schleichen sich ungute Gefühle ein:
Bin ich hier ein Taschensklave? Gekränkt und eingeschränkt in meiner künstlerischen Freiheit wird meine Werkstatt zum Puff, in dem ich Dinge gegen Bezahlung schaffen muss, die ich nicht will...
Bevor das Reinsteigern noch politisch unkorrekter wird, stoppe ich hier lieber mit meinem Wohlstandsgeseiere und zeige euch lieber das Corpus delicti:
Was ein peppiges kleines Handtäschchen hätte werden können, hängt hier als großes unförmiges Ungetüm, das nicht weiß, ob es eine Einkaufstasche, eine ungeeignete Badetasche oder eine lapperige Laptoptasche sein soll.
Meister Pfriem
PS: Befreit nun von diesem Katzenjoch, kann ich nun endlich wieder mit Freude an die Maschine. Hurra!