Donnerstag, 26. Mai 2011

Meister Pfriem


Als ich mit dem Bloggen begann, überlegte ich mir zeitweise, ob ich mein Blog nicht „Meister Pfriems geheimes Nähtagebuch“ nennen sollte. Weniger zurückhaltende Zeitgenossen nennen mich zeitweise nach dem ewig nörgelnden Schuster. Wem das Grimmsche Märchen unbekannt ist, kann hier bei Interesse nachlesen.
Ich möchte eigentlich nur kreative Sachen in meinem Blog zeigen, aber heute habe ich mich wieder so geärgert, dass nun mein Nörgeldrang durchdrückt:

„Hier ist halt Landbevölkerung“
Es gibt Sätze, die kann ich nicht mehr hören, obiger gehört eindeutig dazu. Egal, ob ich in einem Fachgeschäft, nach einer bestimmten Wolle, Heft, Anleitung, Nähzubehör... frage, immer wird mir dieser Satz entgegen geschleudert:
 „Ham ma net, hier ist halt Landbevölkerung.“
Frage ich nach Alternativen, wird mir unsägliches angeboten. Ich wünsche Baumwollgarn mit Microfaseranteil LL XX:  „Ham ma  net, aber hier ist Microfaser mit LL XY.“
Ich möchte eine reine Stickmaschine kaufen, da ich bereits bestens mit normalen Nähmaschinen ausgestattet bin:
„Ham ma et, da ist keine Nachfrage, kaufen sie diese Kombimaschine, die ist sowieso viel besser.“ -Natürlich auch dreimal so teuer.
Was, hier gibt es keinen Boskop? Nehmen sie doch Williams Christ.
Danke, aber danke nein.
Liebe Handarbeitsladenfachgeschäftsbesitzer aus meiner Nähe wieso verlasse ich jedes Mal frustriert eure heiligen Hallen. Manchmal sogar noch meines Geldes beraubt, weil die Zeit zu knapp war, im www zu bestellen, wohin ihr mich getrieben habt.
Wieso wissen die Fachverkäuferinnen immer weniger als man selbst (und wollen auch nicht mehr wissen)?
Wieso bekomme ich die Sachen, die ich vor Jahren wünschte, erst jetzt, wo ich sie schon lange nicht mehr will (weil jeder es anbietet).
Äh, was schreibe ich da, ich will nicht das, was ich bekomme und ärgere mich, dass ich nicht das bekomme, was ich will.
Bin ich kindisch, zu fordernd, zu extravagant? Aber ich bin doch Landbevölkerung...

Julia

11 Kommentare:

  1. Kopf hoch! Wir Stadtkinder haben es auch nicht unbedingt leichter. Nur weil man in einer großen Stadt lebt, heißt das nämlich noch lange nicht, dass es dort gut sortierte Fachgeschäfte gibt :.(

    Ratlose Verkäuferinnen sind mir also durchaus ein Begriff ;.)

    Ich bin bekennender Online-Käufer … und glücklich damit :.D

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  2. geht mir auch so! obgleich stadtbevölkerung ist hier in sachen handarbeiten der hund begraben. reißverschlüsse i9n einem ganz bestimmten farbton??? hellgrüne zackenlitze??? burdaschnittmuster??? wird nicht nachgefragt, ist aus dem sortiment, ach-sowas gibt’s im internet???
    das kenn ich alles zur genüge und bestelle vieles im netz und oft geht das sogar schneller, als wenn ich zwei tage durch die geschäfte hetze...

    lg katrin

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  3. Ein blöder Kommentar... das klingt eher wie eine Ausrede, man ist am Land, da muss man sich nicht um Trends oder sowas städtisches kümmern...
    Ich hab hier genau das Gegenteil. Mein Lieblings-Woll-Dealer ist in einer kleinen Gemeinde und zu ihr kommen die Städter aufs Land, weils in der Stadt kein vergleichbares Angebot in einem Laden gibt. Und mein Lieblingsstoffgeschäft ist auch in einer Kleinstadt. Auch zu ihr kommen die Kunden, teilweise bis zu 70 - 80 km gefahren.
    Das hilft dir jetzt leider auch nicht weiter, aber ich wollt halt mal zeigen, dass es auch anders geht.

    LG Britta

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  4. Mich ärgern Fachverkäufer-innen, die keine Ahnung haben. Klar, dass man nicht alles lagernd haben kann, aber wenigstens wissen, was es so gibt muss man doch.
    Im Bastelbereich hatten wir bis vor 1 Jahr einen winzigen Laden, da gab es echt ALLES! Aus allen unmöglichen Winkeln zog die Besitzerin ihre Schätze raus.
    Meister Pfriem kannte ich noch gar nicht - Danke!
    Landei Tagpflückerin

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  5. Solche Sprüche - "das kauft hier keiner" - "sowas hat noch nie jemand gewollt" - "das gibt es nicht" - kenne ich auch von früher zur Genüge (und nicht nur von Stoffen und Kurzwaren). Das waren teilweise richtige Anti-Verkaufsgespräche, und man merkte, dass der Händler eigentlich gar keine Lust hat, sich mit dem Problem zu befassen - sollen die Leute halt das kaufen, was da ist. Hier in Berlin hab ich sowas interessanterweise noch nicht erlebt - manchmal wird man sogar zu Spezialgeschäften weitergeschickt. Ich glaube hier kann man sich so ein Desinteresse am Kunden nicht leisten.

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  6. Oh ja, diese Sprüche "liebe" ich auch... In dieser Kleinstadt in der Provinz werde ich in Sachen Kurzwaren, Stoffe und Wolle auch nicht fündig und mit den Kommentaren könnte ich Bücher füllen. Beispiele?! "Lassen Sie das Nähen doch lieber, man kann heute so schöne Sachen kaufen!" (Ach ja, hier in der Kleinstadt??????) oder "Kordelstopper haben wir hier" - sie legt mir schwarze hin, ich zucke zusammen, weil das so gar nicht zu einem rosa Kindermantel passen will - "also erstens paßt schwarz zu allem und zweitens werden Sie sowieso nichts anderes finden!" (doch, im www schon!!) oder "Wenn Sie nicht immer so bunt nähen würden, wären schwarze und weiße Reißverschlüsse völlig ausreichend!". Es hat mich auch gar nicht gewundert, daß dieses Geschäft vor vier Wochen geschlossen hat...

    Ich lebe sogar sehr gern in dieser Kleinstadt, aber einkaufstechnisch bleibt mir oft nur das Internet, so schade ich das für die Einzelhändler vor Ort finde.

    Und jetzt gehe ich mal stöbern, was Du für "Me-Made-Sachen" zeigst!

    Liebe Grüße,
    Karen

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  7. Aber weißt du, was ich noch viel schlimmer finde als Fachverkäuferinnen, die nicht viel wissen: Solche, die alles besser wissen. Und zwar auf eine unangenehme Art. Und nicht wirklich besser.

    Es gibt bei uns im Stadtviertel seit einiger Zeit einen kleinen Wollladen, der immer dunkel ist und typisch deutsch unhübsch dekoriert ist. Sie hat tolle Wolle, vor allem nicht besonders günstige: Lang Kaschmir und Seide, Manos del Uruguay etc. Und sie kann stricken wie vom Maschinchen gespult. Und sie bietet Nähkurse an. So kamen wir dann einmal länger ins Gespräch. Der Laden läuft schlecht, weil die Lage ja so elend ist - gut, das muss man sich vorher überlegen. Ravelry war ihr vollkommen fremd, einen zusätzlichen Internetshop mit Beratung kann sie sich gar nicht vorstellen und überhaupt ...
    Ich bin regelmäßig hin, weil a) schöne Wolle b) unterstützen wollte ich sie auch.
    Als ich aber einmal nach Stricknadeln in 2.75 gefragt habe, bekam ich eine Antwort, die mich richtig geärgert hat. Ich habe als ehemalige Selbstständige sehr großes Verständnis dafür, dass ein komplettes Sortiment, das oft Abnahmebedingungen unterworfen ist, nicht zu bezahlen und zu unterhalten ist. Sie hätte mir also sagen können, dass sie in dieser Größe nichts führt, weil alle Nadelstärken nur in 6er-Packungen abgegeben werden.
    Gut, das hat sie mir gesagt und ich hätte ihr fast angeboten, auf alle Fälle drei davon zu nehmen, als sie hinterher schob: "Diese Viertelgrößen sind eh nichts anderes als alberne Geldschneiderei. Ich kann alles mit halben Größen passend bekommen."
    Batsch, da hatte ich es: ich falle auf eine alberne Masche herein, weil ich nicht in der Lage bin, meine Strickweise dem benötigten Maschenbild anzupassen. Das Gespräch ging noch weiter, in dem ich versuchte, ihr von Sinn und Nutzen dieser Nadeln für mich zu berichten: wer vor allem mit Nadeln bis Größe 3 strickt, spürt sehr wohl Unterschiede zwischen 2,25 und 2,5 - gewaltige sogar. Aber das wurde als Einbildung abgetan ...

    Es gab noch andere Klopfer in der Zeit davor, seitdem soll der Laden meinetwegen vor sich hinrotten ;-)

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  8. Ich sehe, ich bin nicht die einzige, die sich mit "Fachgeschäften" herumärgern muss. So Leid es mir tut, verwaiste Klein-/Mittelstadtzentren zu sehen, wenn man solches Gebaren an den Tag legt, ist es nicht verwunderlich. Ich verlange wirklich nicht, dass der Laden alles führen muss. Aber man sollte sich als Kunde verstanden und gut behandelt fühlen. Gestern bekam ich dann, neben der Landbevölerungsausrede, die zweite, sehr beliebte Argumentation in Handarbeitsgeschäften:"Wissen sie, 90% unserer Kunden sind über 50, die wollen das nicht...". Ich als Ladenbesitzer würde das mal als Kritk nehmen und mich fragen, wieso. Aber nein, da impliziert man lieber der jüngeren Fraktion deutlich, dass sie hier in meinem Laden falsch sind.
    Die falsch gekaufte Wolle bringe ich nächste Woche zurück (wieder ins Auto, Parkgebühr, mit Kinderwagen in den Laden gequetscht). Ich hoffe, dass sich Meister Pfriem dann zurückhalten kann, aber garantieren kann ich das leider nicht ;-).

    Julia

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  9. Sie könnten auch sagen: "Aichnglich issmärs worscht, wos sie wolln. Ich hobs ned und ich wills a ned bschdelln. Und etza lassns mer mei Ruh mit ihre Extrawärscht." Das wäre wenigstens ehrlich.

    Gibts aber auch in anderen Branchen.

    Ich wollte mal in einem kleinen Fotoladen (davon gibt es nicht mehr viele...) ein Blitzgerät einer bestimmten Marke kaufen (Kostenpunkt ca. 200-250 Euro). "Hammer nicht". Aber auf die Idee, ein vergleichbares Gerät einer anderen Firma aus der Vitrine zu holen (er hatte welche) und mich davon zu überzeugen, kam der Verkäufer nicht. War ihm wohl zu anstrengend.

    Vielleicht gibt es deswegen noch so wenige kleine Läden :)

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  10. Och, die gibt's hier in der Stadt aber (leider!) auch. Stoffe so alt wie die Stadt selbst, ausgeblichen und angestaubt bekommt man in rauen Mengen. Aber Vlieseline H640 z.B.? Nö! "Wir vertreiben die nicht, wir haben da unsere eigene Marke!" - "Ja, dann zeigen sie mir doch mal ihr Vlies." - *zeigt* - "Öhm, das ist aber nicht das gleiche wie die H640. Das ist ja so ne bauschige zum Aufbügeln und die hier ist viel zu fest." - "Nee, das ist genau die gleiche. Ich verkauf das schon seit Jahren!"

    Na, prost Mahlzeit. Ich hab die H640 jede Woche in der Hand. Vielleicht sollten die sich mal nen Vergleich bestellen... Die armen Leute, die da immer diesen Quark gekauft haben, stattdessen...

    Es ist gehoppt wie gesprungen: Die Doofen gibt's überall. Und überall schimpfen sie auf die Internetshops! Nur kriegt man da wenigstens was man will und muss sich seltenst mit den Verkäufern behängen.

    Liebe Grüße

    Pony :)

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  11. Ach, versuch Dich nicht allzu sehr zu ärgern - es geht anscheinend allen gleich *seufz*

    Hier auch - etwas ländlich, sozusagen - ich im Wollgeschäft "ich bräucht eine etwas dickere, reine Schurwolle oder ansonsten, wenn das nicht geht: reine Baumwolle" "Haben wir nicht - wollens nicht das Mischwolldings?" "Nein" "Ich hätt da ganz dünnes Garn für Sie..." "Brauch ich nicht, Danke...!" *seufz* Oder das meinem Mann einfach Merinowolle in die Hand gedrückt wird, wenn ich nach Bastelwolle frag....auch schon gehabt. Und die Damen waren dann reichlich erstaunt, dass ich das am nächsten Tag zurück gebracht habe (obwohl er es schon deutlich formuliert hatte)...

    Die dürfen sich dann halt nicht wundern, wenn man nur mehr online ordert oder nur mehr im Notfall hingeht...

    Lg, Karin!

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